Stolpersteine beim Firmenverkauf – und wie man ihnen ausweicht

Die Annahme, dass nach der Einigung über den Verkaufspreis und dem Finanznachweis des Käufers der Übergabe der Firma nichts mehr im Wege steht, ist weit verbreitet.

In der Praxis trifft dies allerdings oft nicht zu. Denn im Vorfeld gibt es diverse «Nebenschauplätze», die es gleichermassen (wie den Verkaufspreis) zu regeln gilt. Dazu sind meist eingehende Verhandlungen notwendig. Andernfalls ist das Risiko des Scheiterns der Übergabe klar erhöht. Mit folgenden Fragestellungen sieht sich das Duo Verkäufer/ Käufer am häufigsten konfrontiert:

  • Einarbeitungszeit: Sowohl für Branchenkenner als auch für branchenfremde Käufer ist matchentscheidend, dass der Verkäufer noch eine gewisse Zeit für den Know-how-Transfer und die Übergabe der Kundenkontakte zur Verfügung. Hier ist die Dauer der Einarbeitungszeit zu klären, welche Inhalte zu übermitteln sind und zu welchen Konditionen der Verkäufer zur Verfügung steht. Eine oft gewählte Zeitspanne ist 20 unentgeltliche Arbeitstage, verteilt auf die ersten drei Monate. Diese Zeit kann z.B. genutzt werden, gemeinsam die wichtigsten Kunden zu besuchen. Eine schriftliche Vereinbarung dazu ist in jedem Fall zu empfehlen.
  • Businessplan und Budget: Die Erstellung eines Businessplans und Budgets hilft, die Unternehmung auch von innen kennenzulernen und alle Konten und Positionen zu Bei diesem Prozess ist der Verkäufer der Experte. Wenn er dem Käufer hilft, einen realistischen Businessplan/Budget zu erarbeiten, schafft das Vertrauen beim Käufer und der kreditgewährenden Bank.
  • Führungskennziffern: Die meisten Verkäufer haben durch jahrelange Erfahrung ein zuverlässiges Bauchgefühl für den Geschäftsgang ihrer Firma. Dies kann die oder der Neue noch nicht leisten. Deshalb sollten vor Vertragsunterzeichnung monetäre und nicht monetäre Führungskennziffern erarbeitet werden. Bei späteren Abweichungen vom Zielwert sind nach Rücksprache mit dem Verkäufer Gegenmassnahmen zwingend, zum Beispiel das Akquirieren von Neukunden. Achtung: Keine Kompromisse bei der Qualität zulassen. Diese sollte kontinuierlich gemessen werden. Auch sind langfristig beeinflussbare Kennziffern nicht zu vernachlässigen.
  • M&A-Spezialist: Die Vorbereitungsarbeiten für den Verkauf verlangen intensive und vertrauensbildende Gespräche und festigen auf beiden Seiten den Willen, das Lebenswerk des einen zum neuen Lebenswerk des anderen zu machen. Zur Leitung dieser Vorbereitung empfiehlt es sich einen M&A-Spezialisten beizuziehen.
  • Earn-out oder Splitten des Verkaufspreises: Wird ein Earn-out oder eine spätere Zahlung des Verkaufspreises de- finiert, empfiehlt sich eine Absicherung des offenen Betrags. Die Sicherung erfolgt über bestehende/kommende Aufträge, ähnlich einer Debitorenzession. Noch besser ist das Hinterlegen des restlichen Kaufpreises auf einem Sperrkonto. In beiden Fällen helfen definierte, z.B. 14-tägliche Überprüfungen, um die Firmenübergabe zu gewährleisten. Das Erreichte oder der Abschluss von Massnahmen sollen vom Käufer als «erreicht» oder «erledigt» bestätigt werden. So werden später Diskussionen beim Bezahlen des Earn-out oder restlichen Verkaufspreises vermieden.
  • Abschliessen und Abgeben: Der Käufer übernimmt nach der Vertragsunterzeichnung die volle Verantwortung für alle Entscheidungen, um sein neu erworbenes Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen. Der Käufer wiederum befreit sich von der Last der Unternehmensleitung und lässt los, was vielen nicht so leicht fällt. Er hat ab sofort keine Kompetenzen und Befugnisse mehr. Der Käufer wird vieles anders entscheiden. Doch dank guter Vorbereitung hat er gute Erfolgs-Chancen.

 

Autor
Jean-Luc Cornaz, Inhaber der Citecs AG, www.citecs.ch

Sein Fachartikel ist erschienen im Nachfolgemagazin 2020, das als digitales Magazin direkt bestellt und per Download bezogen werden kann >> zum Nachfolge Shop

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